Für die junge Generation dürfen Marken nicht cool tun – sie sollten echt sein, betont Tatjana Lackner.
Für die junge Generation dürfen Marken nicht cool tun – sie sollten echt sein, betont Tatjana Lackner. © Die Schule des Sprechens/Peter Rigaud
Tatjana Lackner

„Die Gen Z will WLAN und Wahr­haf­tig­keit“

Kommunikationsexpertin Tatjana Lackner spricht im Interview über den hörbaren Generationen-Gap.

16.06.2025 09:12 - Update am: 18.06.2025 08:30 von Johannes Moser
Lesezeit 6 Minuten

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­tin Tat­ja­na Lack­ner erklärt, wel­che sprach­li­chen Codes zur Anspra­che der Gen Z (1995–2010) ver­stan­den wer­den müs­sen und war­um sich die „Jun­gen“ nichts mehr ein­re­den las­sen.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: Was macht die Spra­che der Gene­ra­ti­on Z so beson­ders und war­um tun sich vie­le älte­re Gene­ra­tio­nen so schwer, sie zu ver­ste­hen?

Tat­ja­na Lack­ner: Baby Boo­mer, Gen X, Y und Z trennt die gemein­sa­me Spra­che, weil Spra­che immer auch Wer­te und Über­zeu­gun­gen trans­por­tiert. Jedes Wort hat einen gewis­sen Wert und damit ver­bun­den ist eine Wahr­heit. Digi­tal Nati­ves sind erfolg­reich im Arbeits­le­ben ange­kom­men. Sie sind mit der digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­ti­on, dem Smart­phone und der KI auf­ge­wach­sen. Aller­orts wird der Gene­ra­ti­on-Gap auch sprach­lich hör­bar. Knap­pe Ansa­gen und die rich­ti­gen Schlüs­sel­wör­ter bestim­men auch die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit digi­ta­len Assis­ten­ten oder ChatGPT. Die Spra­che der Jun­gen ist schnell, kodiert, iro­nisch; eine Art Post­mo­der­ne im Chat­for­mat.

© Die Schu­le des Sprechens/Peter Rigaud

Sprach­li­che Memes sind kul­tu­rell auf­ge­la­den und ver­brei­ten sich schnell. Sie funk­tio­nie­ren wie visu­el­le Memes, aber eben mit­tels Spra­che: Phra­sen, Satz­struk­tu­ren, Emo­jis, Beto­nung und Tik­Tok-Sounds. Memes kann man nicht erklä­ren, sie müs­sen intui­tiv ver­stan­den wer­den; damit for­men sich Hal­tun­gen oder Grup­pen­zu­ge­hö­rig­kei­ten. Das über­for­dert natür­lich jene, die noch „Mit freund­li­chen Grü­ßen“ tip­pen.

Wie müs­sen Mar­ken heu­te spre­chen, um von der Gene­ra­ti­on Z ernst genom­men zu wer­den?

Authen­tisch. Die Gen Z hat ein ein­ge­bau­tes Bull­shit-Baro­me­ter. Sie erkennt Green­wa­shing, Pur­po­se-Washing oder Diver­si­ty-Washing und sagt es auch. Mar­ken müs­sen nicht cool tun. Sie soll­ten echt sein, statt bloß einen 53-jährigen Tex­ter Jugend­wör­ter wie „Slay“ sagen zu las­sen.

Wel­che aktu­el­len Mega­trends beein­flus­sen unse­re Spra­che und Rhe­to­rik ganz kon­kret?

Die Busi­ness­rhe­to­rik der Zukunft ver­langt immer mehr nach sprach­li­chen Bil­dern und fri­scher Erleb­nis­kom­mu­ni­ka­ti­on. Die Uni­que Sel­ling Pro­po­si­ti­on (USP) ist zwar wich­tig, aber die Emo­tio­nal Sel­ling Pro­po­si­ti­on (ESP) macht das Ren­nen. Lan­ge Zeit war das wirt­schaft­li­che Allein­stel­lungs­merk­mal für vie­le das überzeugendste Argu­ment. Mitt­ler­wei­le ist es wich­ti­ger, einen guten ESP zu haben: Was war in emo­tio­na­ler Hin­sicht der Grund, war­um sich jemand für ein Pro­dukt ent­schie­den hat? Nicht mehr der Preis ent­schei­det, son­dern Gefüh­le, Stim­mun­gen und das State­ment, das mit einer Mar­ken­bot­schaft ver­bun­den ist.

Vie­le Unter­neh­men set­zen auf Influen­cer, um jun­ge Ziel­grup­pen zu errei­chen. Wie schnell kann man dabei dane­ben­lie­gen?

Vie­le Mar­ken wol­len viral gehen, ohne zu ver­ste­hen, dass Vira­li­tät kein Mar­ke­ting­ziel, son­dern ein Natur­er­eig­nis ist. Influen­cer sind nicht nur Sprach­roh­re. Sie sind Stim­mun­gen mit Gesicht. Wer ihnen ein fer­ti­ges Skript gibt, hat das Spiel schon ver­lo­ren. Der Feh­ler liegt hier nicht beim Influen­cer, son­dern bei der Mar­ke.

Tatjana-Lackner-Interview-Zitat-Kommunikationsexpertin © Die Schu­le des Sprechens/Peter Rigaud

Die Gen Z bringt das Unter­neh­men zum Reden – end­lich.Zitat Ende

Tat­ja­na Lack­ner

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­tin

Wel­che Begrif­fe oder wir­ken auf Jun­ge eher abschre­ckend – und gibt es Sprach­mus­ter, die inzwi­schen als völ­lig ver­al­tet gel­ten?

Ver­mei­den Sie: „jung geblie­ben“, „wir sind auch auf Tik­Tok“, „inter­es­sant für Digi­tal Nati­ves“ und gene­rell jeg­li­che Iro­nie­ver­su­che mit Aus­ru­fe­zei­chen. Und bit­te kei­ne Du-Anspra­che mit Sie-Inhal­ten. Ein „Hey, du!“ auf der Landing­pa­ge und dann ein White­pa­per als PDF? Das ist wie ein Tin­der-Match mit Steu­er­erklä­rung. Ver­al­tet sind auch bedeu­tungs­schwan­ge­re CEO-State­ments. Die Gen Z will Hal­tung, nicht Hoch­glanz.

Wie ver­än­dert die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Gene­ra­ti­on Z auch inter­ne Pro­zes­se in Unter­neh­men?

Die Gen Z bringt das Unter­neh­men zum Reden – end­lich. Sie fragt nach Sinn, nach Hal­tung, nach men­ta­ler Gesund­heit, und zwar direkt, ohne Hier­ar­chie. Füh­rung wird dia­lo­gi­scher, Feed­back weni­ger höf­lich, dafür ehr­li­cher. „Wir möch­ten Ihre Mei­nung hören“ war frü­her eine Flos­kel. Heu­te ist es ein Muss. Wer nicht zuhört, ver­liert nicht nur Talen­te, son­dern bald auch jede Rele­vanz.

Haben Sie ein Bei­spiel für eine gut funk­tio­nie­ren­de Anspra­che?

Ja. Auf Tik­Tok: Selbst­iro­nisch. Reak­ti­ons­schnell. Und mutig genug, sich auch mal ver­äp­peln zu las­sen. Das schafft Nähe, weil es zeigt: Wir neh­men zwar euch, aber uns selbst nicht zu ernst. Gute Bei­spie­le sind hier die Deut­sche Bahn, Ein­horn Kon­do­me oder Arte TV. Wer die Gen Z ver­ste­hen will, muss nicht jugend­lich klin­gen. Son­dern klug, ver­letz­lich, schnell und vor allem: echt. Oder wie die Gen Z sagen wür­de: Real reco­gni­ze real.

Zur Per­son
  • Tat­ja­na Lack­ner ist Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­tin und Ver­hal­tens-Pro­fi­le­rin mit Fokus auf Spra­che, Wir­kung und gesell­schaft­li­che Trends. Zudem ist sie Autorin und Vor­tra­gen­de.
  • Sie ana­ly­siert seit Jah­ren die Spra­che der Poli­tik und Gene­ra­tio­nen.
  • 1994 grün­de­te sie die Schu­le des Spre­chens in Wien. 2014 erhielt sie die Aus­zeich­nung „Trai­ne­rin des Jah­res“.
  • Ihre aktu­el­le Publi­ka­ti­on: „Die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­sell­schaft – Lack­ners ­Labor“, Aus­tri­an Stan­dards Plus Ver­lag, 2021.
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