„Die Gen Z will WLAN und Wahrhaftigkeit“
Kommunikationsexpertin Tatjana Lackner spricht im Interview über den hörbaren Generationen-Gap.
Kommunikationsexpertin Tatjana Lackner erklärt, welche sprachlichen Codes zur Ansprache der Gen Z (1995–2010) verstanden werden müssen und warum sich die „Jungen“ nichts mehr einreden lassen.
„Kärntner Wirtschaft“: Was macht die Sprache der Generation Z so besonders und warum tun sich viele ältere Generationen so schwer, sie zu verstehen?
Tatjana Lackner: Baby Boomer, Gen X, Y und Z trennt die gemeinsame Sprache, weil Sprache immer auch Werte und Überzeugungen transportiert. Jedes Wort hat einen gewissen Wert und damit verbunden ist eine Wahrheit. Digital Natives sind erfolgreich im Arbeitsleben angekommen. Sie sind mit der digitalen Kommunikation, dem Smartphone und der KI aufgewachsen. Allerorts wird der Generation-Gap auch sprachlich hörbar. Knappe Ansagen und die richtigen Schlüsselwörter bestimmen auch die Kommunikation mit digitalen Assistenten oder ChatGPT. Die Sprache der Jungen ist schnell, kodiert, ironisch; eine Art Postmoderne im Chatformat.
Sprachliche Memes sind kulturell aufgeladen und verbreiten sich schnell. Sie funktionieren wie visuelle Memes, aber eben mittels Sprache: Phrasen, Satzstrukturen, Emojis, Betonung und TikTok-Sounds. Memes kann man nicht erklären, sie müssen intuitiv verstanden werden; damit formen sich Haltungen oder Gruppenzugehörigkeiten. Das überfordert natürlich jene, die noch „Mit freundlichen Grüßen“ tippen.
Wie müssen Marken heute sprechen, um von der Generation Z ernst genommen zu werden?
Authentisch. Die Gen Z hat ein eingebautes Bullshit-Barometer. Sie erkennt Greenwashing, Purpose-Washing oder Diversity-Washing und sagt es auch. Marken müssen nicht cool tun. Sie sollten echt sein, statt bloß einen 53-jährigen Texter Jugendwörter wie „Slay“ sagen zu lassen.
Welche aktuellen Megatrends beeinflussen unsere Sprache und Rhetorik ganz konkret?
Die Businessrhetorik der Zukunft verlangt immer mehr nach sprachlichen Bildern und frischer Erlebniskommunikation. Die Unique Selling Proposition (USP) ist zwar wichtig, aber die Emotional Selling Proposition (ESP) macht das Rennen. Lange Zeit war das wirtschaftliche Alleinstellungsmerkmal für viele das überzeugendste Argument. Mittlerweile ist es wichtiger, einen guten ESP zu haben: Was war in emotionaler Hinsicht der Grund, warum sich jemand für ein Produkt entschieden hat? Nicht mehr der Preis entscheidet, sondern Gefühle, Stimmungen und das Statement, das mit einer Markenbotschaft verbunden ist.
Viele Unternehmen setzen auf Influencer, um junge Zielgruppen zu erreichen. Wie schnell kann man dabei danebenliegen?
Viele Marken wollen viral gehen, ohne zu verstehen, dass Viralität kein Marketingziel, sondern ein Naturereignis ist. Influencer sind nicht nur Sprachrohre. Sie sind Stimmungen mit Gesicht. Wer ihnen ein fertiges Skript gibt, hat das Spiel schon verloren. Der Fehler liegt hier nicht beim Influencer, sondern bei der Marke.
Die Gen Z bringt das Unternehmen zum Reden – endlich.
Tatjana Lackner
KommunikationsexpertinWelche Begriffe oder wirken auf Junge eher abschreckend – und gibt es Sprachmuster, die inzwischen als völlig veraltet gelten?
Vermeiden Sie: „jung geblieben“, „wir sind auch auf TikTok“, „interessant für Digital Natives“ und generell jegliche Ironieversuche mit Ausrufezeichen. Und bitte keine Du-Ansprache mit Sie-Inhalten. Ein „Hey, du!“ auf der Landingpage und dann ein Whitepaper als PDF? Das ist wie ein Tinder-Match mit Steuererklärung. Veraltet sind auch bedeutungsschwangere CEO-Statements. Die Gen Z will Haltung, nicht Hochglanz.
Wie verändert die Kommunikation mit der Generation Z auch interne Prozesse in Unternehmen?
Die Gen Z bringt das Unternehmen zum Reden – endlich. Sie fragt nach Sinn, nach Haltung, nach mentaler Gesundheit, und zwar direkt, ohne Hierarchie. Führung wird dialogischer, Feedback weniger höflich, dafür ehrlicher. „Wir möchten Ihre Meinung hören“ war früher eine Floskel. Heute ist es ein Muss. Wer nicht zuhört, verliert nicht nur Talente, sondern bald auch jede Relevanz.
Haben Sie ein Beispiel für eine gut funktionierende Ansprache?
Ja. Auf TikTok: Selbstironisch. Reaktionsschnell. Und mutig genug, sich auch mal veräppeln zu lassen. Das schafft Nähe, weil es zeigt: Wir nehmen zwar euch, aber uns selbst nicht zu ernst. Gute Beispiele sind hier die Deutsche Bahn, Einhorn Kondome oder Arte TV. Wer die Gen Z verstehen will, muss nicht jugendlich klingen. Sondern klug, verletzlich, schnell und vor allem: echt. Oder wie die Gen Z sagen würde: Real recognize real.
- Tatjana Lackner ist Kommunikationsexpertin und Verhaltens-Profilerin mit Fokus auf Sprache, Wirkung und gesellschaftliche Trends. Zudem ist sie Autorin und Vortragende.
- Sie analysiert seit Jahren die Sprache der Politik und Generationen.
- 1994 gründete sie die Schule des Sprechens in Wien. 2014 erhielt sie die Auszeichnung „Trainerin des Jahres“.
- Ihre aktuelle Publikation: „Die Kommunikationsgesellschaft – Lackners Labor“, Austrian Standards Plus Verlag, 2021.