„Wir sollten den Mut haben, wieder mehr auf uns selbst zu hören“, ist Lizz Görgl überzeugt.
„Wir sollten den Mut haben, wieder mehr auf uns selbst zu hören“, ist Lizz Görgl überzeugt. © KK/wirlphoto
Lizz Görgl

„Wenn Raum und Zeit eins wer­den und alles läuft“

Lizz Görgl spricht im Interview über den Zustand der Glückseligkeit.

05.11.2025 07:46 - Update am: 06.11.2025 08:43 von Claudia Blasi
Lesezeit 6 Minuten

Flow ist das voll­kom­me­ne Auf­ge­hen in einer Tätig­keit – das Zeit­ge­fühl ver­schwin­det, inne­rer Frie­den kehrt ein, das Ego weicht dem Ver­trau­en. Wie man den Zustand der Glück­se­lig­keit erreicht, weiß Ex-Ski­renn­läu­fe­rin Lizz Görgl.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: In Ihrem aktu­el­len Buch geht es um die Magie des Flows. Was war Ihr prägends­ter Flow-Moment?

Lizz Görgl: Das war die Abfahrt von Gar­misch-Par­ten­kir­chen als ich Dop­pel­welt­meis­te­rin wur­de. Die Stre­cke war eisig und bru­tal. Wäh­rend des Laufs hat­te ich das Gefühl, mir selbst von außen zuzu­se­hen. Nicht ich bin gefah­ren, ich wur­de gefah­ren. Mir gelang alles, ich nahm jeden Zen­ti­me­ter wahr, wie in Trance und schwang als Ers­te im Ziel ab. Was für ein Geschenk!

Wel­che Ritua­le hel­fen Ihnen dabei, in die­sen Bewusst­seins­zu­stand zu kom­men?

Ich habe ein Man­tra, das ich mir vor dem Lauf gesagt habe und das mir auch heu­te noch als Sän­ge­rin und Spea­ke­rin hilft: Ich bin nichts, ich bin gar nichts, ich bin nichts, ich bin ein ganz ein­fa­cher Mensch, ich bin gar nichts. Dabei set­ze ich mich hin oder noch bes­ser, lege mich direkt auf den Boden, spü­re wie ich ganz bei mir ankom­me, sich inne­rer Frie­den ein­stellt und ich ganz im Moment bin.

Man wür­de eher erwar­ten, dass man sich selbst Mut zuspricht, sich pusht?

Nein – aus dem Nichts ent­steht alles, gera­de dar­um geht es. In den Flow kannst du nur kom­men, wenn du Ego und Kopf aus­schal­test und aus dem Man­gel­den­ken aus­steigst. Ich ver­su­che ein­fach, die bes­te Ver­si­on von mir selbst zu sein, ohne das Stre­ben nach Aner­ken­nung.

Ist der Flow-Zustand also ein Zusam­men­spiel aus meh­re­ren Din­gen?

Es braucht das rich­ti­ge Ver­hält­nis aus Her­aus­for­de­rung und Leis­tungsfähigkeit. Man darf weder über- noch unter­for­dert sein. Die Auf­ga­be soll­te ambi­tio­niert, aber zu meis­tern sein. Dann ist man laut Begrün­der Mihá­ly Csíks­zent­mi­há­lyi im Flow-Kanal, hier fin­det der Zau­ber statt. Vor­aus­set­zung ist natür­lich, dass man sich voll und ganz dem Ziel wid­met. Mir hilft es auch, mich mei­nen Dämo­nen zu stel­len: Alte Glau­bens­sät­ze zu hin­ter­fra­gen und das inne­re Kind zu hei­len.

Dank­bar­keit, Selbst­re­fle­xi­on und Humor kön­nen vie­le Türen öff­nen.Zitat Ende

Lizz Görgl

Ex-Ski­renn­läu­fe­rin, Coach, Spea­ke­rin und Sän­ge­rin

Sie sind auch Coach für Orga­ni­sa­ti­ons- und Per­so­nal­ent­wick­lung. Wie kann man einen Betrieb wie­der in Fluss brin­gen?

Das ist im Grun­de sehr ein­fach: Dar­auf ach­ten, dass es jedem gut geht, jeder sei­ne Arbeit ger­ne macht und dabei alle per­sön­li­chen Befind­lich­kei­ten außen vor las­sen. Wer lösungs­ori­en­tiert führt, erzielt maxi­ma­le Pro­duk­ti­vi­tät.

Kann ein gan­zes Team den Flow-Zustand erle­ben?

Ja, wenn die Ein­stel­lung stimmt und alle an einem Strang zie­hen. Mei­ne Kol­le­gin Tina Maze beschreibt im Buch, wie wich­tig ihr Team für ihren Erfolg war und das es auch unpo­pu­lä­re Ent­schei­dun­gen braucht, zum Woh­le aller. In Unter­neh­men ist das nicht anders. Hier sind Mut und emo­tio­na­le Intel­li­genz gefragt.

Was begüns­tigt den Zustand, in dem uns alles gelingt?

Ich bin über­zeugt davon, dass die Basis dafür das Wis­sen um unser Talent ist. Was ent­spricht mei­ner Natur? Wie will ich leben? Wer bin ich im tiefs­ten Inne­ren? Dabei dür­fen wir dank­bar sein für das Geschenk Leben. Die Dank­bar­keit holt uns in die Prä­senz, gibt allem Raum und lässt uns Schritt für Schritt unse­ren Weg gehen. Dann sind Kör­per, Geist uns See­le im Ein­klang und wir haben gute Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen.

Was sind die größ­ten Ver­hin­de­rer?

Angst, also das Gegen­teil von Lie­be, zählt sicher­lich zu den größ­ten Hin­der­nis­sen. Eben­so, wenn wir uns selbst zu wich­tig neh­men. Dabei kön­nen uns Kin­der und Humor wich­ti­ge Beglei­ter sein. Den Flow-Zustand kann man nicht erzwin­gen. Man soll­te jeden Tag neh­men, wie er ist oder wie mein Men­tal­coach-Kol­le­ge Harald Pach­ner sagt: Ent­we­der es wird ein super Tag oder es wird ein super Tag zum Ler­nen. Schei­tern ist erlaubt, solan­ge wir selbst die Ver­ant­wor­tung für unser Han­deln über­neh­men. Also raus aus der Kom­fort­zo­ne – man wächst mit jeder Her­aus­for­de­rung!

Wel­che Rol­le spie­len unse­re Gedan­ken dabei?

Wir sind nicht unse­re Gedan­ken, wir den­ken unse­re Gedan­ken. Die­ser Unter­schied ist wich­tig. Heu­te sind wir, auch auf­grund von Social Media, viel zu sehr im Kopf und im Ver­gleich gefan­gen. Wir ver­lie­ren den Anschluss zu uns selbst. Was uns allen gut­tä­te, wäre eine Pau­se, denn in der inne­ren Lee­re liegt die Fül­le ver­bor­gen.

Lizz Görgl
  • Lizz Görgl (44) lebt in Wien und ist ehe­ma­li­ge öster­rei­chi­sche Ski­renn­läu­fe­rin.
  • Sie ist Abfahrts- und Super-G-Welt­meis­te­rin, Sän­ge­rin, Dancing-Stars-Gewin­ne­rin und Sys­te­mi­scher Coach für Orga­ni­sa­ti­ons- und
    Per­so­nal­ent­wick­lung.
  • Kürz­lich erschien ihr ers­tes Buch „Die Magie des Flows – Wie Sie über sich hin­aus­wach­sen“, das sie gemein­sam mit Micha­el von Kun­hardt geschrie­ben hat.
  • Lieb­lings­hob­by: Wind­sur­fen.
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Die­ser Arti­kel ist in Aus­ga­be 21/25 erschie­nen.
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