Barrierefreiheit in der Praxis
Am 28. Juni tritt das Barrierefreiheitsgesetz in Kraft. Was kommt auf die Unternehmen zu?
Ab Samstag, 28. Juni gilt das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) und mit ihm neue Anforderungen für Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen digital anbieten. Was bislang für viele ein Randthema war, wird damit zur Pflicht: Webseiten, Online-Shops, Buchungssysteme, Bankomaten oder auch PDF-Dokumente müssen so gestaltet sein, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können.
Häufige Fragen
Doch was bedeutet das für die Unternehmen in der Praxis? Wer ist betroffen? Gibt es eigentlich Ausnahmen? Und welche Maßnahmen sind erforderlich? Christina Kitz-Überall vom WK-Rechtsservice gibt Antworten:
Zweck des Gesetzes: Barrierefreie Produkte und Dienstleistungen sollen Menschen mit Behinderungen das Leben erleichtern. Zudem nützt es auch Menschen mit vorübergehenden Beeinträchtigungen – etwa nach einer Augen-Operation.
Betroffenheit: Man unterscheidet zwischen Produkten und Dienstleistungen. Nicht die Webseite an sich muss barrierefrei sein, sondern die Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr – darunter fällt etwa ein Webshop oder ein Buchungstool zur Terminvereinbarung. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob Kontaktformulare ausgenommen sind. Ausnahmen gibt es, wenn ein Unternehmen weniger als zehn Mitarbeitende beschäftigt und der Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro liegt. Werden diese beiden Kennzahlen nicht erfüllt, ist man vom Barrierefreiheitsgesetz ausgenommen.
Konkrete Anforderungen: Das Gesetz verweist auf Normen und Kriterien. Werden diese erfüllt, kann man davon ausgehen, dass die Website barrierefrei ist.
Zeitpunkt: Webseiten müssen bis 28. Juni 2025 die Anforderungen erfüllen. Bei anderen Dienstleistungen und manchen Produkten bestehen Übergangsregelungen von fünf Jahren.
Konsequenzen: Verwaltungsstrafen bis zu 80.000 Euro sind vorgesehen. Die Behörde handelt jedoch nach dem Grundsatz „beraten statt strafen“.
Erste Schritte: Zunächst gilt es, die eigene Betroffenheit abzuklären und sich an einen IT-Dienstleister zu wenden, der die Umsetzung forciert.
Christina Kitz-Überall
WK-Rechtsservice
Tel. 05 90 90 4 DW 723