
„Menschen lesen lernen wie ein offenes Buch“
Exzellenz in Menschenkenntnis ist eine Schlüsselkompetenz der Zukunft davon ist Kriminalanalytikerin, Profilerin und Sicherheitsexpertin Patricia Staniek überzeugt.
„Kärntner Wirtschaft“: Profiling kennt man aus Kriminalfilmen. Worum geht es konkret in ihrer Arbeit?
Patricia Staniek: Im Grunde geht es immer um einen Tatort, sei es bei Polizeiermittlungen mit einer Leiche oder in der Wirtschaftskriminalität. Beim Profiling analysiere ich das wahrnehmbare Verhalten des Menschen aus Mimik, Gestik, Körpersprache, Stimme, Atmung und Sprache. Daraus erstelle ich ein (Täter-)Profil. Für Medien analysiere ich politische Ereignisse wie etwa den Auftritt von Melania Trump bei der Angelobung: Alles hat eine Botschaft, auch wenn man nichts sagt.
Wie funktioniert Profiling?
Profiling hat nichts mit Energiearbeit zu tun, sondern basiert auf Fakten. Jeder Mensch hat sieben Grundemotionen: Freude, Überraschung, Angst, Ärger, Ekel, Trauer und Verachtung. Die 43 mimischen Bewegungen zeigen Emotionen und innere Zustände. Auch wenn wir durch einen kontrollierten Gesichtsausdruck versuchen die wahre Emotion zu verbergen, gibt es eine sehr kurze Zeitspanne, in der man seinen Gesichtsausdruck nicht kontrollieren kann – die Mikromimik. Sie bringt Verborgenes ans Tageslicht.
Alles hat eine Botschaft, auch wenn man nichts sagt.
Patricia Staniek
Kriminalanalytikerin, Sicherheitsexpertin und ProfilerinIn welchen Bereichen kommt Profiling in Unternehmen zum Einsatz?
Vor allem im Recruiting wenn es um Spitzenpositionen geht. Stehen die letzten drei Bewerber fest, werde ich um eine Analyse gebeten. Wir hatten einen Fall in der Finanzwelt, bei dem ich bei einem Bewerber aufdecken konnte, dass er zwar geeignet, aber seine Frau eine gesuchte Finanzbetrügerin war. Im positiven Sinne hilft es Führungskräften in der Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, aber auch beim Führen von Verhandlungen.
Gibt es in der Kunst der Menschenkenntnis speziell für Frauen etwas zu beachten?
Verhalten ist Verhalten, da gibt es grundsätzlich keinen Unterschied. Worauf man aber achten sollte, ist die Rolle der Frau in der Wirtschaft. Nach wie vor müssen Frauen mehr kämpfen, um sich zu positionieren, obwohl sie meist Top-Ausbildungen vorweisen könen. Hier braucht es mehr Mut und ein bewusstes Aussteigen aus der Opferrolle. Jede muss selbst ins Tun kommen, ihren Wert kennen und diesen einfordern. Wettbewerb ist etwas Positives, wir dürfen uns dem stellen. Dabei kann Menschenkenntnis natürlich helfen.
Sie sind auch Expertin für Unternehmenssicherheit. Wie gefährdet sind Betriebe in Kärnten durch Wirtschaftskriminalität?
Wir sind ja für die gesamte DACH-Region zuständig und man kann schon sagen: Je größer die Konzerne, desto häufiger kommen Angriffe vor. Doch auch in Kärnten haben wir es vermehrt mit Phishing-Anrufen zu tun. Ein Codewort etwa zwischen dem Chef und den Mitarbeitern kann hier großen Schaden verhindern. Ein Klassiker ist der neue Mitarbeiter in der IT-Abteilung, der das System hackt und sich mit einer Geldforderung meldet.
Haben Wirtschaftskriminelle besondere Eigenschaften?
Es gibt Kategorien, aber ich halte nicht sehr viel davon, Menschen in Schubladen zu stecken. Die größte Gefahr geht wohl von Psychopathen, Narzissten und Soziopathen aus. Die Welt wird gerade überschwemmt von Narzissten, denen es nur um Macht und monetäre Werte geht. Sie wollen schnell nach oben und das mit dem geringsten Aufwand.
Was waren die kuriosesten Fälle in ihrer Laufbahn?
Skurrile Fälle gibt es öfter. In Erinnerung bleibt mir ein Hackerangriff mit einer Geldforderung in Millionenhöhe. Nach der Abwicklung erhielten wir tatsächlich einen Feedbackbogen. Oder eine Dame, die sich sicher war, mit George Clooney zu telefonieren und ihm Geld überwies – KI macht solche Dinge leider möglich.
- Patricia Staniek aus Wien ist Expertin für Wirtschaftskriminalität, Profiling und Unternehmenssicherheit.
- Sie unterstützt die Polizei bei ihrer Arbeit, hält Coachings und Trainings in Firmen vom Teambuilding bis zur Personalauswahl.
- Mit dem „Certified Profiler“ lernen Interessierte, das Verborgene im Menschen sichtbar zu machen.