„Leistung muss
sich wieder lohnen“
WK-Präsident Jürgen Mandl fordert seit Monaten Reformen, damit sich Leistung wieder lohnt.
Rezession, Fachkräftemangel, Bürokratie: Österreichs Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen. WK-Präsident Jürgen Mandl fordert Reformen.
Die Stimmung in der Wirtschaft ist angespannt. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Ja, die Situation ist in der Tat ernst. Die österreichische Wirtschaft steckt das zweite Jahr in Folge in der Rezession, die Industrie noch länger, und viele Unternehmerinnen und Unternehmer fühlen sich durch die überbordende Bürokratie behindert. Langwierige Genehmigungsverfahren, komplizierte Meldepflichten und ständige Kontrollen kosten nicht nur Zeit, sondern auch Geld – vor allem für Kleinbetriebe. Es ist klar, dass wir die wirtschaftlichen Chancen der Zukunft nicht nutzen können, wenn wir an diesen bürokratischen Hürden scheitern. Unternehmersein muss wieder Freude machen und darf nicht durch behördliche Schikanen erschwert werden.
Wie sehen Sie die Balance zwischen der Notwendigkeit, hart zu arbeiten, und dem zunehmenden Wunsch vieler Menschen nach mehr Freizeit und weniger Arbeitsbelastung?
Ich bin überzeugt, dass Arbeit weit mehr ist als die Sicherung des Lebensunterhalts – sie ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens und unserer Identität. Natürlich verstehe ich den Wunsch nach mehr Freizeit und Work-Life-Balance. Aber ich warne davor, Arbeit als Gegensatz zum Leben zu sehen. Das führt in eine Sackgasse. Unser hoher Lebensstandard und der Wohlstand, den wir genießen, beruhen auf der Leistungsbereitschaft und dem Fleiß vieler Generationen vor uns – und auch auf dem Engagement, das wir heute an den Tag legen. Wenn wir uns jetzt einreden lassen, weniger zu arbeiten sei die Lösung unserer Probleme, untergraben wir die Grundlage unseres Erfolgs.
Hart arbeiten und ein erfülltes Leben führen – wie geht das?
Das ist kein Widerspruch. Im Gegenteil: Arbeit kann ein wesentlicher Bestandteil eines erfüllten Lebens sein, wenn wir sie als solchen anerkennen und uns auch trauen, stolz auf unsere Leistungen zu sein. Es ist also weniger eine Frage von Freizeit oder Arbeitszeit, sondern eine Frage der Einstellung. Leistung und Engagement sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern die Basis für eine erfolgreiche Zukunft.
Den Unternehmen gehen die Mitarbeiter aus. Diese Entwicklung geht zu Lasten des Wohlstandsstaates. Wie kann die Wende gelingen?
Mit der heutigen Teilzeitmentalität ist kein Vollzeitstaat zu machen! Es scheint eine ganze Generation zu geben, die erst wieder vom Wert der Arbeit überzeugt werden muss, bevor sie sich mit einem Chai Latte im Sabbatical entspannen kann. Wie sollen sich unsere ausgeglichenen Jugendlichen später im Beruf gegen fleißige Asiaten und wettbewerbsgewohnte Amerikaner durchsetzen? Mit Fleiß und Bildung, denn wer eine gute Ausbildung hat und bereit ist, sich zu engagieren, wird es auch in Zukunft zu etwas bringen.
Welche Folgen haben hohe Lohnnebenkosten?
Für Arbeitnehmer bedeuten hohe Lohnnebenkosten, dass sie trotz guter Bruttolöhne oft nur wenig Netto auf dem Konto haben. Wer länger arbeitet, erhält im Vergleich zu einer Teilzeitbeschäftigung weniger Geld. Das kann demotivierend wirken und die Bereitschaft senken, mehr Verantwortung zu übernehmen oder mehr Stunden zu arbeiten. Für Arbeitgeber stellen die hohen Lohnnebenkosten eine finanzielle Belastung dar, die sie davon abhält, mehr Personal einzustellen oder in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren.
Wie wirken sich bürokratische Hürden aus?
Die Bürokratie in Österreich bremst den wirtschaftlichen Fortschritt massiv. Besonders betroffen sind Zukunftsprojekte wie die Energiewende, die durch unnötige Vorschriften und Kontrollen massiv verzögert werden. Statt unternehmerisches Handeln zu fördern, hindert die Bürokratie Unternehmen daran, schnell und effizient zu agieren. Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei der Bürokratieeffizienz auf dem enttäuschenden 56. Platz – ein Alarmsignal für einen modernen Wirtschaftsstandort.
Was ist nötig, um die heimische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen?
Wir müssen dringend Bürokratie abbauen und die Unternehmen entlasten. Wir müssen Genehmigungsverfahren verkürzen, Meldepflichten vereinfachen und unnötige Kontrollen auf ein Minimum reduzieren. Gleichzeitig müssen die Lohnnebenkosten gesenkt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Auch die Energieversorgung muss gesichert und bezahlbar sein, damit die Unternehmen die Herausforderungen der Zukunft meistern können.
Was ist Ihr Appell an Politik und Gesellschaft?
Mein Appell ist klar: Schluss mit den Schikanen! Unternehmerinnen und Unternehmer sollen sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können, statt sich durch den Bürokratiedschungel zu kämpfen. Wir müssen uns darauf besinnen, dass es die Leistung und das Engagement der Unternehmen sind, die unseren Wohlstand sichern. Wir brauchen eine Verwaltung, die nicht behindert, sondern unterstützt. Das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft.
Zur Website der Wirtschaftskammer Kärnten: www.wko.at/ktn