WK-Präsident Jürgen Mandl fordert Reformen bei Steuern, Bildung und Bürokratie: „Nur so können wir unseren Wohlstand sichern.“
WK-Präsident Jürgen Mandl fordert Reformen bei Steuern, Bildung und Bürokratie: „Nur so können wir unseren Wohlstand sichern.“ © WKK/A. Zagorz
Jürgen Mandl

„Leis­tung muss
sich wie­der loh­nen“

WK-Präsident Jürgen Mandl fordert seit Monaten Reformen, damit sich Leistung wieder lohnt.

03.11.2024 09:31 - Update am: 06.11.2024 09:57 von Ines Tebenszky
Lesezeit 6 Minuten

Rezes­si­on, Fach­kräf­te­man­gel, Büro­kra­tie: Öster­reichs Wirt­schaft steht vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. WK-Prä­si­dent Jür­gen Man­dl for­dert Refor­men.

Die Stim­mung in der Wirt­schaft ist ange­spannt. Wie schät­zen Sie die aktu­el­le Situa­ti­on ein?

Ja, die Situa­ti­on ist in der Tat ernst. Die öster­rei­chi­sche Wirt­schaft steckt das zwei­te Jahr in Fol­ge in der Rezes­si­on, die Indus­trie noch län­ger, und vie­le Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer füh­len sich durch die über­bor­den­de Büro­kra­tie behin­dert. Lang­wie­ri­ge Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren, kom­pli­zier­te Mel­de­pflich­ten und stän­di­ge Kon­trol­len kos­ten nicht nur Zeit, son­dern auch Geld – vor allem für Klein­be­trie­be. Es ist klar, dass wir die wirt­schaft­li­chen Chan­cen der Zukunft nicht nut­zen kön­nen, wenn wir an die­sen büro­kra­ti­schen Hür­den schei­tern. Unter­neh­mer­sein muss wie­der Freu­de machen und darf nicht durch behörd­li­che Schi­ka­nen erschwert wer­den.

Wie sehen Sie die Balan­ce zwi­schen der Not­wen­dig­keit, hart zu arbei­ten, und dem zuneh­men­den Wunsch vie­ler Men­schen nach mehr Frei­zeit und weni­ger Arbeits­be­las­tung?

Ich bin über­zeugt, dass Arbeit weit mehr ist als die Siche­rung des Lebens­un­ter­halts – sie ist ein zen­tra­ler Bestand­teil unse­res Lebens und unse­rer Iden­ti­tät. Natür­lich ver­ste­he ich den Wunsch nach mehr Frei­zeit und Work-Life-Balan­ce. Aber ich war­ne davor, Arbeit als Gegen­satz zum Leben zu sehen. Das führt in eine Sack­gas­se. Unser hoher Lebens­stan­dard und der Wohl­stand, den wir genie­ßen, beru­hen auf der Leis­tungs­be­reit­schaft und dem Fleiß vie­ler Gene­ra­tio­nen vor uns – und auch auf dem Enga­ge­ment, das wir heu­te an den Tag legen. Wenn wir uns jetzt ein­re­den las­sen, weni­ger zu arbei­ten sei die Lösung unse­rer Pro­ble­me, unter­gra­ben wir die Grund­la­ge unse­res Erfolgs.

Hart arbei­ten und ein erfüll­tes Leben füh­ren – wie geht das?

Das ist kein Wider­spruch. Im Gegen­teil: Arbeit kann ein wesent­li­cher Bestand­teil eines erfüll­ten Lebens sein, wenn wir sie als sol­chen aner­ken­nen und uns auch trau­en, stolz auf unse­re Leis­tun­gen zu sein. Es ist also weni­ger eine Fra­ge von Frei­zeit oder Arbeits­zeit, son­dern eine Fra­ge der Ein­stel­lung. Leis­tung und Enga­ge­ment sind kein Relikt der Ver­gan­gen­heit, son­dern die Basis für eine erfolg­rei­che Zukunft.

© WKK/A. Zagorz

Den Unter­neh­men gehen die Mit­ar­bei­ter aus. Die­se Ent­wick­lung geht zu Las­ten des Wohl­stands­staa­tes. Wie kann die Wen­de gelin­gen?

Mit der heu­ti­gen Teil­zeit­ment­a­li­tät ist kein Voll­zeit­staat zu machen! Es scheint eine gan­ze Gene­ra­ti­on zu geben, die erst wie­der vom Wert der Arbeit über­zeugt wer­den muss, bevor sie sich mit einem Chai Lat­te im Sab­ba­ti­cal ent­span­nen kann. Wie sol­len sich unse­re aus­ge­gli­che­nen Jugend­li­chen spä­ter im Beruf gegen flei­ßi­ge Asia­ten und wett­be­werbs­ge­wohn­te Ame­ri­ka­ner durch­set­zen? Mit Fleiß und Bil­dung, denn wer eine gute Aus­bil­dung hat und bereit ist, sich zu enga­gie­ren, wird es auch in Zukunft zu etwas brin­gen.

Wel­che Fol­gen haben hohe Lohn­ne­ben­kos­ten?

Für Arbeit­neh­mer bedeu­ten hohe Lohn­ne­ben­kos­ten, dass sie trotz guter Brut­to­löh­ne oft nur wenig Net­to auf dem Kon­to haben. Wer län­ger arbei­tet, erhält im Ver­gleich zu einer Teil­zeit­be­schäf­ti­gung weni­ger Geld. Das kann demo­ti­vie­rend wir­ken und die Bereit­schaft sen­ken, mehr Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men oder mehr Stun­den zu arbei­ten. Für Arbeit­ge­ber stel­len die hohen Lohn­ne­ben­kos­ten eine finan­zi­el­le Belas­tung dar, die sie davon abhält, mehr Per­so­nal ein­zu­stel­len oder in die Wei­ter­bil­dung ihrer Mit­ar­bei­ter zu inves­tie­ren.

Wie wir­ken sich büro­kra­ti­sche Hür­den aus?

Die Büro­kra­tie in Öster­reich bremst den wirt­schaft­li­chen Fort­schritt mas­siv. Beson­ders betrof­fen sind Zukunfts­pro­jek­te wie die Ener­gie­wen­de, die durch unnö­ti­ge Vor­schrif­ten und Kon­trol­len mas­siv ver­zö­gert wer­den. Statt unter­neh­me­ri­sches Han­deln zu för­dern, hin­dert die Büro­kra­tie Unter­neh­men dar­an, schnell und effi­zi­ent zu agie­ren. Im inter­na­tio­na­len Ver­gleich liegt Öster­reich bei der Büro­kra­tie­ef­fi­zi­enz auf dem ent­täu­schen­den 56. Platz – ein Alarm­si­gnal für einen moder­nen Wirt­schafts­stand­ort.

Was ist nötig, um die hei­mi­sche Wirt­schaft wie­der in Schwung zu brin­gen?

Wir müs­sen drin­gend Büro­kra­tie abbau­en und die Unter­neh­men ent­las­ten. Wir müs­sen Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren ver­kür­zen, Mel­de­pflich­ten ver­ein­fa­chen und unnö­ti­ge Kon­trol­len auf ein Mini­mum redu­zie­ren. Gleich­zei­tig müs­sen die Lohn­ne­ben­kos­ten gesenkt wer­den, um die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der Unter­neh­men zu stär­ken. Auch die Ener­gie­ver­sor­gung muss gesi­chert und bezahl­bar sein, damit die Unter­neh­men die Her­aus­for­de­run­gen der Zukunft meis­tern kön­nen.

Was ist Ihr Appell an Poli­tik und Gesell­schaft?

Mein Appell ist klar: Schluss mit den Schi­ka­nen! Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer sol­len sich wie­der auf ihr Kern­ge­schäft kon­zen­trie­ren kön­nen, statt sich durch den Büro­kra­tie­dschun­gel zu kämp­fen. Wir müs­sen uns dar­auf besin­nen, dass es die Leis­tung und das Enga­ge­ment der Unter­neh­men sind, die unse­ren Wohl­stand sichern. Wir brau­chen eine Ver­wal­tung, die nicht behin­dert, son­dern unter­stützt. Das ist der Schlüs­sel für eine erfolg­rei­che wirt­schaft­li­che Zukunft.

Info-Icon
Die­ser Arti­kel ist in Aus­ga­be 20/24 erschie­nen.
Info-Icon
Ähn­li­che Arti­kel fin­den Sie in der Kate­go­rie: Inter­views
Info-Icon

Zur Web­site der Wirt­schafts­kam­mer Kärn­ten: www​.wko​.at/​ktn