„Führungskräfte sind Vorbilder des Vertrauens“
Vertrauen kann für kleine- und mittelständische Betriebe zu einem Wettbewerbsvorteil werden, weiß Martin K.W. Schweer.
Was die Forschung zum Thema Vertrauen in Betrieben sagt, verrät Universitätsprofessor Martin K.W. Schweer, wissenschaftliche Leitung Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Zentrum für Vertrauensforschung an der Universität Vechta, Deutschland.
„Kärntner Wirtschaft“: Warum ist Vertrauen für die Wirtschaft so wichtig?
Martin K.W. Schweer: Einschlägige Ergebnisse der Vertrauensforschung zeigen, dass Vertrauen wirkt: Es fördert Leistungsbereitschaft und Engagement, vermindert die Notwendigkeit von Kontrolle, stärkt den Willen zur Verantwortungsübernahme und ist gerade auch in unseren Zeiten eine wertvolle Ressource zur Förderung von Unternehmensidentifikation und Bindung.
Welchen Wirtschaftszweigen vertrauen die Menschen?
Grundsätzlich werden klein- und mittelständische Familienunternehmen im Vergleich zu Großunternehmen oftmals als vertrauenswürdiger erachtet, dies gilt auch für den Bäcker vor Ort anstelle größerer Produktketten. Vertrauen wird eben entscheidend über die Wahrnehmung von Nahbarkeit, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit vermittelt, entscheidend ist insofern, dass nicht ausschließlich der große Profit im Vordergrund steht.
Wie kann man als Unternehmen wieder Vertrauen aufbauen?
Zentrale vertrauensfördernde Merkmale sind Berechenbarkeit und Authentizität, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit, zudem Transparenz und eine offene Kommunikation nach innen und nach außen. Unternehmen mit schlanken Strukturen, flachen Führungsebenen und einer Orientierung an sozial relevanten Merkmalen wie Vielfalt und Familienfreundlichkeit haben mit Blick auf die Wahrnehmung von Vertrauen sicherlich einen Wettbewerbsvorteil.
Mit Vertrauen ist vieles möglich, ohne Vertrauen geht nicht viel.
Martin K. W. Schweer
UniversitätsprofessorWas sind die größten Fehler, die Unternehmen beim Vertrauensaufbau machen?
Sich nicht wirklich um das Vertrauen zu bemühen, sondern zu versuchen, Vertrauen als strategisches Instrument zu nutzen.
Welche Erkenntnisse aus der Vertrauensforschung sollten Unternehmerinnen und Unternehmer kennen?
Vertrauen ist das zentrale positive Bindeglied – innerhalb des Unternehmens und im Kontakt nach außen. Jede inhaltlich noch so richtige Strategie wird nicht den erwünschten Erfolg zeitigen, wenn sie nicht auf eine vertrauende Grundlage trifft. Und die Vermittlung von Vertrauen fängt bei der Unternehmensspitze an, sie ist Vorbild des Vertrauens.
Welche Rolle spielt Vertrauen für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg?
Mit Vertrauen ist vieles möglich, ohne Vertrauen geht nicht viel. Vertrauen wird nicht umsonst als Schmiermittel der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt bezeichnet.
Kann zu viel Vertrauen auch kontraproduktiv sein?
Blindes Vertrauen ist kontraproduktiv, also das Nichtbeachten von Warnsignalen, die auf einen möglichen Vertrauensmissbrauch hindeuten können. Ursächlich hierfür ist meist eine Art „Tunnelblick“, wir sehen also nur noch das, was wir sehen wollen. Im Falle von auftretenden Warnsignalen sollte man stets zeitnah die offene Kommunikation suchen, um Missverständnissen oder eben auch Enttäuschungen konstruktiv begegnen zu können.
Was ist Ihnen beim Thema Vertrauen wichtig?
Vertrauen ist ein Forschungsfeld der Positiven Psychologie, mir geht es darum, mit den Ergebnissen meiner Forschungsarbeiten in der Praxis ein wenig zu positiven Entwicklungen beizutragen – in pädagogischen Kontexten genauso wie in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Zusammenhängen.
- Martin K. W. Schweer, geboren 1964, studierte Psychologie, Pädagogik und Soziologie an der Ruhr-Universität Bochum.
- Er ist promovierter und habilitierter Diplompsychologe sowie wissenschaftlicher Leiter des Lehrstuhls für Pädagogische Psychologie und des Zentrums für Vertrauensforschung (ZfV), sportpsychologische Beratungsstelle Challenges sowie Lehren Digital.
- Neben wissenschaftlichen Fachpublikationen sowie der Dozententätigkeit an Hochschulen berät er als Unternehmensberater auch Leistungs- und Hochleistungssportler sowie Führungskräfte
- Er veröffentlichte unter anderem das Buch „Vertrauen – Selbstvertrauen – Gottvertrauen“ bei Frank & Timme.