Die Vertrauensforschung ist eines der Schwerpunktgebiete von Universitätsprofessor Martin K.W. Schweer.
Die Vertrauensforschung ist eines der Schwerpunktgebiete von Universitätsprofessor Martin K.W. Schweer. © KK/Universität Vechta
Martin K. W. Schweer

„Füh­rungs­kräf­te sind Vor­bil­der des Ver­trau­ens“

Vertrauen kann für kleine- und mittelständische Betriebe zu einem Wettbewerbsvorteil werden, weiß Martin K.W. Schweer.

23.09.2025 12:23 - Update am: 25.09.2025 07:28 von Anita Arneitz
Lesezeit 4 Minuten

Was die For­schung zum The­ma Ver­trau­en in Betrie­ben sagt, ver­rät Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor Mar­tin K.W. Schweer, wis­sen­schaft­li­che Lei­tung Lehr­stuhl für Päd­ago­gi­sche Psy­cho­lo­gie und Zen­trum für Ver­trau­ens­for­schung an der Uni­ver­si­tät Vech­ta, Deutsch­land.

„Kärnt­ner Wirt­schaft“: War­um ist Ver­trau­en für die Wirt­schaft so wich­tig?

Mar­tin K.W. Schweer: Ein­schlä­gi­ge Ergeb­nis­se der Ver­trau­ens­for­schung zei­gen, dass Ver­trau­en wirkt: Es för­dert Leis­tungs­be­reit­schaft und Enga­ge­ment, ver­min­dert die Not­wen­dig­keit von Kon­trol­le, stärkt den Wil­len zur Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me und ist gera­de auch in unse­ren Zei­ten eine wert­vol­le Res­sour­ce zur För­de­rung von Unter­neh­mens­iden­ti­fi­ka­ti­on und Bin­dung.

Wel­chen Wirt­schafts­zwei­gen ver­trau­en die Men­schen?

Grund­sätz­lich wer­den klein- und mit­tel­stän­di­sche Fami­li­en­un­ter­neh­men im Ver­gleich zu Groß­un­ter­neh­men oft­mals als ver­trau­ens­wür­di­ger erach­tet, dies gilt auch für den Bäcker vor Ort anstel­le grö­ße­rer Pro­dukt­ket­ten. Ver­trau­en wird eben ent­schei­dend über die Wahr­neh­mung von Nah­bar­keit, Ehr­lich­keit und Glaub­wür­dig­keit ver­mit­telt, ent­schei­dend ist inso­fern, dass nicht aus­schließ­lich der gro­ße Pro­fit im Vor­der­grund steht.

Wie kann man als Unter­neh­men wie­der Ver­trau­en auf­bau­en?

Zen­tra­le ver­trau­ens­för­dern­de Merk­ma­le sind Bere­chen­bar­keit und Authen­ti­zi­tät, Ehr­lich­keit und Ver­läss­lich­keit, zudem Trans­pa­renz und eine offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on nach innen und nach außen. Unter­neh­men mit schlan­ken Struk­tu­ren, fla­chen Füh­rungs­ebe­nen und einer Ori­en­tie­rung an sozi­al rele­van­ten Merk­ma­len wie Viel­falt und Fami­li­en­freund­lich­keit haben mit Blick auf die Wahr­neh­mung von Ver­trau­en sicher­lich einen Wett­be­werbs­vor­teil.

Mit Ver­trau­en ist vie­les mög­lich, ohne Ver­trau­en geht nicht viel.Zitat Ende

Mar­tin K. W. Schweer

Uni­ver­si­täts­pro­fes­sor

Was sind die größ­ten Feh­ler, die Unter­neh­men beim Ver­trau­ens­auf­bau machen?

Sich nicht wirk­lich um das Ver­trau­en zu bemü­hen, son­dern zu ver­su­chen, Ver­trau­en als stra­te­gi­sches Instru­ment zu nut­zen.

Wel­che Erkennt­nis­se aus der Ver­trau­ens­for­schung soll­ten Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer ken­nen?

Ver­trau­en ist das zen­tra­le posi­ti­ve Bin­de­glied – inner­halb des Unter­neh­mens und im Kon­takt nach außen. Jede inhalt­lich noch so rich­ti­ge Stra­te­gie wird nicht den erwünsch­ten Erfolg zei­ti­gen, wenn sie nicht auf eine ver­trau­en­de Grund­la­ge trifft. Und die Ver­mitt­lung von Ver­trau­en fängt bei der Unter­neh­mens­spit­ze an, sie ist Vor­bild des Ver­trau­ens.

Wel­che Rol­le spielt Ver­trau­en für den wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Erfolg?

Mit Ver­trau­en ist vie­les mög­lich, ohne Ver­trau­en geht nicht viel. Ver­trau­en wird nicht umsonst als Schmier­mit­tel der Wirt­schaft und der Gesell­schaft ins­ge­samt bezeich­net.

Kann zu viel Ver­trau­en auch kon­tra­pro­duk­tiv sein?

Blin­des Ver­trau­en ist kon­tra­pro­duk­tiv, also das Nicht­be­ach­ten von Warn­si­gna­len, die auf einen mög­li­chen Ver­trau­ens­miss­brauch hin­deu­ten kön­nen. Ursäch­lich hier­für ist meist eine Art „Tun­nel­blick“, wir sehen also nur noch das, was wir sehen wol­len. Im Fal­le von auf­tre­ten­den Warn­si­gna­len soll­te man stets zeit­nah die offe­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on suchen, um Miss­verständnissen oder eben auch Ent­täu­schun­gen kon­struk­tiv begeg­nen zu kön­nen.

Was ist Ihnen beim The­ma Ver­trau­en wich­tig?

Ver­trau­en ist ein For­schungs­feld der Posi­ti­ven Psy­cho­lo­gie, mir geht es dar­um, mit den Ergeb­nis­sen mei­ner For­schungs­ar­bei­ten in der Pra­xis ein wenig zu posi­ti­ven Ent­wick­lun­gen bei­zu­tra­gen – in päd­ago­gi­schen Kon­tex­ten genau­so wie in wirt­schaft­li­chen und gesell­schafts­po­li­ti­schen Zusam­men­hän­gen.

Zur Per­son
  • Mar­tin K. W. Schweer, gebo­ren 1964, stu­dier­te Psy­cho­lo­gie, Päd­ago­gik und Sozio­lo­gie an der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum.
  • Er ist pro­mo­vier­ter und habi­li­tier­ter Diplom­psy­cho­lo­ge sowie wis­sen­schaft­li­cher Lei­ter des Lehr­stuhls für Päd­ago­gi­sche Psy­cho­lo­gie und des Zen­trums für Ver­trau­ens­for­schung (ZfV), sport­psy­cho­lo­gi­sche Bera­tungs­stel­le Chal­lenges sowie Leh­ren Digi­tal.
  • Neben wis­sen­schaft­li­chen Fach­pu­bli­ka­tio­nen sowie der Dozen­ten­tä­tig­keit an Hoch­schu­len berät er als Unter­neh­mens­be­ra­ter auch Leis­tungs- und Hoch­leis­tungs­sport­ler sowie Füh­rungs­kräf­te
  • Er ver­öf­fent­lich­te unter ande­rem das Buch „Ver­trau­en – Selbst­ver­trau­en – Gott­ver­trau­en“ bei Frank & Timme.
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