„Die Kraft des Wir stärker im Business nützen“
Bestsellerautorin, Rednerin und Ordensfrau Melanie Wolfers spricht im Interview über Zuversicht und positive Zukunftsbilder.
Weg von Angst und naivem Optimismus hin zu positiven Zukunftsbildern und Zuversicht. Wie das im Alltag gelingen kann, verrät Bestsellerautorin, Rednerin und Ordensfrau Melanie Wolfers.
„Kärntner Wirtschaft“: Warum ist es in schwierigen Zeiten wichtig, auf eine positive Zukunft zu hoffen?
Melanie Wolfers: Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, positive Zukunftsbilder zu entwickeln. Nur wenn ich ein besseres Morgen vor Augen habe, kremple ich die Ärmel hoch und trage das Meine dazu bei. Die Zukunft von morgen entsteht im Heute. Pessimistisch die Hände in den Schoß zu legen, ist das Schlechteste, was man tun kann.
Zuversicht gehört dazu … ?
Ja, aber ich unterscheide zwischen Zuversicht und naivem Optimismus. Mit diesem lassen sich keine Krisen bewältigen. Eine zuversichtliche Person hingegen erkennt den Ernst der Lage und erlebt auch Momente der Angst und Verzweiflung. Aber sie lässt sich davon nicht auf Dauer lähmen, sondern erkennt und ergreift mögliche Handlungsspielräume. Eine zuversichtliche Person hat einen Spürsinn, was die Zukunft an positiven Möglichkeiten mit sich bringen könnte, und trägt das Eigene dazu bei.
Hat man Zuversicht einfach oder kann man sie trainieren?
Zuversicht bekommt man nicht in die Wiege gelegt. Zuversicht ist eine Haltung, eine innere Einstellung, die wir einüben, vertiefen und stärken können. Und wenn wir sie verloren haben, können wir sie wiederfinden.
Die Zukunft entsteht heute.
Melanie Wolfers
Expertin für Zuversicht und SpiritualitätWie zum Beispiel?
Drei Punkte: Erstens hilft es, sich an die Krisen zu erinnern, die man schon bewältigt hat. Denn das stärkt unser Selbstvertrauen, dass uns heute Ähnliches möglich ist. Und rufen wir uns unsere Problemlösungen ins Gedächtnis, dann hilft dies, gegenwärtige Herausforderungen zu bestehen. Zweitens tragfähige Beziehungen. Gerade wenn der Boden unter den Füßen wackelt, tut es gut zu wissen, auf wen ich mich verlassen kann. Drittens die Kraft des Wir. Anders gesagt: gemeinsam handeln. In der Geschichte kam es immer dann zu gesellschaftlichen Umbrüchen, wenn viele Menschen viele kleine Schritte gegangen sind und dadurch gemeinsam etwas erreicht haben. Was lange ein unrealistischer Traum war, wird plötzlich möglich.
Gibt es noch einen weiteren Punkt, um Zuversicht zu stärken?
Die Kraft des Innehaltens. Wir brauchen Pausen, um zu reflektieren und unsere Lebensgeschichte besser zu verstehen. Wenn ich regelmäßig innehalte, gewinne ich einen inneren Halt. Das gilt nicht nur für Personen, sondern auch für Unternehmen. Es ist wichtig, sich immer wieder aus dem Tagesgeschäft herauszunehmen, Erfolge zu feiern und Dinge mit etwas Abstand zu betrachten.
Was blockiert Zuversicht im Alltag?
Unser Gehirn giert nach negativen Informationen und fokussiert schnell auf alles Negative. Das ist ein Erbe unserer Steinzeithirns. Früher war das überlebenswichtig. Doch heute sollte ich meinem Steinzeithirn ein Schnippchen schlagen, etwa indem ich Dankbarkeit praktiziere. Das lenkt den Blick auf das Positive und stärkt die Zuversicht.
Ihr Tipp für Unternehmen?
Entwickeln Sie Unsicherheitskompetenz! Die äußere Unsicherheit, also die Ungewissheit, wie sich Dinge entwickeln, können wir nicht beeinflussen. Aber wir können an unserer inneren Reaktion auf diese äußere Ungewissheit arbeiten. Sich angesichts von Neuem unsicher zu fühlen, wird oft als Schwäche angesehen, doch es ist hochprofessionell! Denn dieses Gefühl verlangsamt uns. Es lässt uns umsichtig Schritt für Schritt vorangehen anstatt im Autopilotmodus zu reagieren. Und es lässt uns gemeinsam mit anderen nach Lösungen suchen und kreativ Neues entwickeln.
- Melanie Wolfers, geboren 1971, wuchs in Norddeutschland auf. Die Theologin und Philosophin arbeitete als Hochschulseelsorgerin und Lehrbeauftragte.
- 2004 trat sie in die internationale Ordensgemeinschaft der Salvatorianerinnen ein und lebt heute in Wien. Wolfers ist Bestsellerautorin, Rednerin und Beraterin.
- Ihr Podcast heißt „Ganz schön mutig“ und ihre jüngsten Bücher sind „Atlas der unbegangenen Wege“ und „Zuversicht. Eine Kraft, die an das Morgen glaubt“.
- In ihrer Freizeit wandert Wolfers gerne und spielt Querflöte.