„Gerade für kleine Betriebe bieten sich online gute Marketingmöglichkeiten“, weiß Sascha Lobo.
„Gerade für kleine Betriebe bieten sich online gute Marketingmöglichkeiten“, weiß Sascha Lobo. © Dietmar Wajand
Sascha Lobo

„ChatGPT ist erst der Anfang vom Ein­satz der KI“

Digitalexperte Sascha Lobo spricht im Interview über KI und Anwendungen, die man im Auge behalten sollte.

04.12.2024 11:14 von Claudia Blasi
Lesezeit 5 Minuten

Digi­tal­ex­per­te Sascha Lobo ver­rät, wor­auf wir uns in der Zukunft gefasst machen kön­nen und war­um wir mehr ver­trau­en soll­ten.

Sascha Lobo: Ers­tens die gene­ra­ti­ve Künst­li­che Intel­li­genz (KI), wie sie mit ChatGPT bekannt gewor­den ist. Also KI, die Daten nicht nur klas­si­fi­ziert, son­dern auch gene­riert. Dabei war ChatGPT aber erst der Weck­ruf. Und zwei­tens eine neue Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on auf­grund die­ser neu­en Tech­no­lo­gien. Chat­bots kennt man ja bereits aus dem Ser­vice, hier spre­chen wir aber von einer völ­lig neu­en Qua­li­tät. Es wird nicht mehr nach­voll­zieh­bar sein, ob man mit einem Men­schen oder einer Maschi­ne kom­mu­ni­ziert.

Wel­che Rol­le spielt KI künf­tig in den Unter­neh­men?

Sie wird sicher­lich vie­les auf den Kopf stel­len. Ein Bereich, der wohl die meis­ten Betrie­be betref­fen wird, ist zum Bei­spiel der Micro­soft-Copi­lot. Hier wer­den Micro­soft-Anwen­dun­gen mit KI ver­knüpft. Dadurch wird es mög­lich, dem Sys­tem etwa den Befehl zu geben, aus einer Excel-Lis­te eine Prä­sen­ta­ti­on mit zehn Foli­en zu erstel­len und alles von mei­nem Arbeits­kol­le­gen Tom ein­zu­bau­en, was er mir die­se Woche in Out­look geschickt hat. Das wird unse­re Arbeits­pro­zes­se nach­hal­tig ver­än­dern, auch wenn der Copi­lot in Euro­pa noch nicht erlaubt ist.

Wel­che Anwen­dung soll­te man noch im Auge behal­ten?

AutoGPT – eine Wei­ter­ent­wick­lung von ChatGPT, die mit dem Inter­net ver­bun­den ist. Es arbei­tet Auf­ga­ben auto­ma­ti­siert ab, ver­teilt Sub­auf­ga­ben an ande­re KI-Pro­gram­me und erreicht somit eine neue Stu­fe auto­no­mer KI. Ich könn­te zum Bei­spiel die Such­an­fra­ge nach Schu­hen einer bestimm­ten Mar­ke in einer bestimm­ten Far­be und Grö­ße zu einem Wunsch­preis stel­len und wür­de dann in Echt­zeit ein Ergeb­nis bekom­men. Das ist ein radi­ka­ler Wan­del, bei dem wir auch Unter­neh­mens­pro­zes­se neu den­ken müs­sen.

Wir sind füh­rend beim unaus­ge­schöpf­ten Poten­zi­al digi­ta­ler Mög­lich­kei­ten.Zitat Ende

Sascha Lobo

Digi­tal­ex­per­te

Wie kön­nen klei­ne Betrie­be von der Digi­ta­li­sie­rung pro­fi­tie­ren?

Sie pro­fi­tie­ren vom Manu­fak­tur­cha­rak­ter, der sich vor allem im Sin­ne des Mar­ke­tings in den sozia­len Medi­en sehr gut dar­stel­len lässt. Ein Tisch­ler, der sei­ne Lei­den­schaft für das Hand­werk insze­nie­ren möch­te, kann dazu Insta­gram nut­zen. Bei den Inhal­ten kommt es dar­auf an, dass sie effek­tiv, effi­zi­ent, inno­va­tiv oder ein­fach humor­voll sind. Auch der Ver­kauf der Pro­duk­te kann ja unab­hän­gig von der Betriebs­grö­ße in einem Online-Shop erfol­gen und vie­le Back­of­fice-Auf­ga­ben lau­fen ohne­hin schon auto­ma­ti­siert.

Wie wich­tig sind sozia­le Medi­en gene­rell in der Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on?

Das hängt natür­lich von der Bran­che ab und reicht von null bis 100. Das Wich­tigs­te ist aber, immer ein Ziel für sei­ne Bot­schaft zu haben, und das muss nicht immer der Kauf sein. Oft geht es dar­um, Multi­plikatoren zu gewin­nen oder ein­fach nur zu unter­hal­ten. Tik­Tok hat den bes­ten Emp­feh­lungs­al­go­rith­mus über­haupt und wird daher auch von den über 30-Jäh­ri­gen als Wis­sens­ka­nal genutzt. Rechts­an­wäl­te erklä­ren etwa auf unter­halt­sa­me Art und Wei­se kom­ple­xe Sach­ver­hal­te – das funk­tio­niert.

Elon Musk lässt Chips ins mensch­li­che Hirn implan­tie­ren, Mark Zucker­berg träumt von einem Meta­ver­sum – Wie sieht die digi­ta­le Zukunft aus?

Wir machen auf die­sen Gebie­ten aktu­ell Quan­ten­sprün­ge nach vor­ne, eine Pro­gno­se ist daher schwie­rig. Ich den­ke, bei­des ist mög­lich und wird wohl ver­schmel­zen, auch wenn ich mir kei­nen Chip ein­set­zen las­sen wür­de – das liegt aber an Elon Musk und nicht an dem Chip.

Ist Öster­reich für die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on gerüs­tet?

In Öster­reich ist es ähn­lich wie in Deutsch­land, wir sind füh­rend beim unaus­ge­schöpf­ten Poten­zi­al. Die Skep­sis vor die­sen Ent­wick­lun­gen ist enorm groß und das hemmt den Fort­schritt. Das kann man sich nur leis­ten, solan­ge es noch eine trag­fä­hi­ge Wirt­schaft gibt. Der Druck wird aber glo­bal stei­gen und es ist bes­ser den Wan­del hin zur KI-Trans­for­ma­ti­on aus eige­ner Kraft zu gestal­ten, anstatt geschwächt Trends zu fol­gen.

Zur Per­son
  • Sascha Lobo ist Jour­na­list, Blog­ger, Digi­ta­li­sie­rungs- und KI-Exper­te.
  • Seit Jän­ner 2011 schreibt er die wöchent­li­che Kolum­ne „Mensch-Maschi­ne“ auf Spie­gel Online.
  • In sei­nem neu­en Buch „Die gro­ße Ver­trau­ens­kri­se“ ana­ly­siert er den Ver­trau­ens­ver­lust in Wis­sen­schaft, Infor­ma­ti­on, Poli­tik und Demo­kra­tie.
  • Er lebt mit sei­ner Frau und sei­nen zwei Kin­dern in Ber­lin.
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