
„Menschlichkeit muss wieder in den Mittelpunkt“
15 Jahre lang war Daniela Landherr bei Google unter anderem dafür verantwortlich, die besten Talente an Bord zu holen.
Daniela Landherr ist Expertin für Führung. Sie erklärt im Interview, was Kärntner Touristiker vom multinationalen Tech-Unternehmen Google lernen können.
„Kärntner Wirtschaft“: Welchen Aufwand betreibt Google, um an die besten Fachkräfte zu kommen?
Daniela Landherr: Aus finanzieller Sicht ist der Aufwand nicht so groß. Viel mehr geht es um das Mindset. Google ist nicht so organisiert, dass ein Recruiting-Team die Bewerbungsgespräche führt, das machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst – es liegt also in ihrer Verantwortung. Das Recruiting-Team begleitet den gesamten Prozess und hilft den Bewerbern auf dem Weg durch diesen Prozess. Es macht aber keine Interviews, um die Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber zu testen. Dieser Aufwand ist quasi an den Wurzeln angesetzt und deshalb gigantisch. Darin liegt aber vielleicht auch gerade die Würze.
Was hieße diese Vorgehensweise für einen Tourismusbetrieb?
Wenn sich jemand um die Stelle an der Rezeption bewirbt, spricht er oder sie natürlich zuerst mit jemandem über seine Fähigkeiten, aber danach dann auch noch mit jemandem aus der Küche oder einem anderen Bereich des Betriebs. Das ist ein ganz anderes Erlebnis und es wird beiden Seiten schnell klar, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber ins Team passt.
Die Leute müssen sich fragen, was ihren Betrieb ausmacht und diese Attraktivität vermarkten.
Daniela Landherr
Expertin für FührungWas können Touristiker tun, um sich als Arbeitgeber vom Mitbewerb abzuheben?
Die Individualisierung wird immer wichtiger, das Menschliche muss in den Vordergrund gerückt werden. Wo das hervorgehoben wird, werden sich auch die Leute hinorientieren. Wir müssen weg von starren Regeln, die für alle gelten. Wenn auf die individuelle Situation Rücksicht genommen wird, dann rückt man von diesen Regeln ab und es wird möglich, dass eine Mama in einem Teilzeitarbeitsverhältnis ihre Arbeit macht oder es eine Vier-Tage-Woche gibt.
Sie sagen von sich, dass Sie sich zum Ziel gesetzt haben, die Arbeitskultur zu transformieren. Wie kann man das verstehen?
Da geht es um den Führungsstil und Menschlichkeit. Die Digitalisierung und Technologisierung unterstützen uns in vielen Bereichen sehr. Die Kompetenz der Zukunft wird es aber sein, die Menschen als Individuen zu sehen und auch die Führungskräfte dahin zu bringen. Da gibt es viel zu tun, in vielen Branchen besteht ein großer Aufholbedarf.
- Daniela Landherr ist Expertin für Führung und Talentemanagement und war 15 Jahre lang führend bei Google tätig.
- Dort leitete sie mehrere multinationale Teams und führte Führungskräfte bei der effektiven Transformation ihrer Teams und Organisationen, um ihr Potenzial zu maximieren und Innovationen voranzutreiben.
- Ihr Wissen gibt sie in Coachings, als Dozentin an Hochschulen und seit zwei Monaten als Unternehmerin weiter.