
Schusterhandwerk in der siebenten Generation
Schuster, bleib bei deinen Leisten: Familie Stroj aus St. Egyden bei Velden hat sich das zu Herzen genommen. Gleich drei Generationen arbeiten gemeinsam in der Werkstatt und verbinden alte Handwerkstradition mit modernem Wissen.
In der Werkstatt von Opa wird es nie langweilig. Marie Stroj (18) ist wie ihr Vater Ernst Stroj jun. (41) zwischen Leistenformen und Leder in der Schuhmacherwerkstatt von Ernst Stroj sen. (73) aufgewachsen. Beide verbinden damit positive Kindheitserinnerungen und entdeckten in jungen Jahren die Liebe zum Handwerk. „Der Beruf ist interessant und abwechslungsreich“, sagt Marie Stroj.
Viel Arbeit, gute Stimmung
Heute teilen sich die Drei die helle Werkstatt mit Blick auf die Drau und die Karawanken. Trotz vieler Arbeit ist die Stimmung gut und es bleibt immer Zeit für Gespräche. „Natürlich haben auch wir mal kleinere Reibereien, das ist ganz normal. Aber da muss man halt durch und redet sich die Sache aus“, sagt Ernst Stroj jun.
Als klar war, dass er den väterlichen Betrieb übernehmen will, wurde modernisiert und investiert. Jetzt fertigen sie gemeinsam in siebenter Generation orthopädische Maßschuhe, Einlagen, Oberteile und Maßschuhe. Ernst Stroj sen. ist es ein Herzensanliegen, das alte Handwerk weiterzugeben und hat im ehemaligen Geschäftsraum ein kleines Schustermuseum eingerichtet. Gruppen können sich vorab anmelden. Neben einer Führung können diese exklusiv die eigens gedrehte Doku über die Handwerkstechniken sehen. Auch Schuhputzkurse gibt es bei den Schuhmachern auf Anfrage.
Stroj-Familienrezepturen und Erfahrungsschatz
Die Schustertradition in seiner Familie hat Ernst Stroj sen. über mehrere Jahrhunderte zurückverfolgt. Sein Großvater ist noch im Winter von Hof zu Hof gezogen, um Schuhe zu flicken. „Es war nicht leicht. Manchmal hatten die Menschen kein Geld für die Reparaturen und bezahlten die Schuster mit Naturalien wie Brot und Mehl.“ Gemeinsam mit seinem Sohn hat er an einer alten Rezeptur vom Großvater gearbeitet. Damit lässt sich Nähgarn mit Pech herstellen. „Das Rezept hat er aufgeschrieben, aber in falscher Reihenfolge, damit es niemand so schnell nachmachen kann.“ Nach fünf Jahren haben die Strojs das Geheimnis gelüftet und verschicken das außergewöhnliche Nähgarn an Kollegen in ganz Europa. „So etwas bekommt man nirgends mehr zu kaufen.“
Handgefertigt und individuell
Für die Schuhmacherfamilie scheint nichts unmöglich zu sein: Maßschuhe in außergewöhnlich großen Größen bis hin zu aufwendigen Spezialanfertigungen im orthopädischen Bereich – obwohl durchaus modernste Technik zum Einsatz kommt, wird ein großer Teil per Hand gemacht. Auch wenn die Schuhmacherei ein aussterbender Beruf ist, müssen sich die Strojs über zu wenig Arbeit keine Sorgen machen. „Mit mehreren Standbeinen sind wir gut aufgestellt“, zeigt sich Ernst Stroj jun. optimistisch. Vor allem der orthopädische Bereich nehme zu. Die Turnschuhgeneration leiste sich zwar keine Maßschuhe, aber später irgendwann Einlagen.
Einblicke in die Werkstatt
- 1870 hat Ignaz Stroj den ersten Gewerbeschein als Schuster in Klagenfurt gelöst. Sein Sohn gründete die noch heute geführte Werkstätte in St. Egyden bei Velden.
- Ernst Stroj sen. war über 34 Jahre lang selbstständiger Schumacher und 13 Jahre als Landesinnungsmeister aktiv.
- Sein Sohn Ernst jun. übernahm 2013 den Betrieb und ist sowohl Schuhmacher als auch Orthopädieschuhmacher. In diesem Jahr fertigten die beiden den größten handrahmengenähten Schuh Österreichs in Größe 176 an.
- 2021 stieg Marie Stroj als siebente Generation in den Betrieb ein und absolviert gerade die Lehre.