„Wir müssen weg vom Entweder-oder-Mindset“
Worauf sich Betriebe einstellen müssen, verrät Steffi Burkhart, Expertin für die junge Generation.
In zehn Jahren wird die Arbeitswelt von der Generation Y (1980 – 1995), Z (1995 – 2010) und Alpha (2010 – 2025) dominiert. Welche Veränderungen sich dadurch bereits jetzt ergeben, erklärt Steffi Burkhart im Interview.
„Kärntner Wirtschaft“: In welche Bereiche müssen Unternehmen investieren, um attraktiv für die jungen Mitarbeiter zu sein?
Steffi Burkhart: In der jetzigen Zeit ist es wichtig, sowohl in den Faktor Mensch als auch in die technologische Innovation zu investieren. KI wird zu einer Grundtechnologie und das ist eine Chance. Vielleicht muss künftig niemand mehr 40 Stunden arbeiten? Wir stecken in einer tiefgreifenden Veränderung. Wer auf diese beiden Themenfelder einzahlt, wird auch in Zukunft erfolgreich sein. Wichtig ist aber, dabei die jungen Generationen auf der Inhaltsebene einzubinden.
Verschiedene Arbeitsorte, Vier-Tage-Woche: Vieles scheint für einen Handwerksbetrieb schwer umsetzbar …
Homeoffice ist in einer Tischlerei vielleicht nicht möglich, aber sehr wohl moderne Handwerksgeräte, komfortable Pausenräume und ein angenehmes Arbeitsklima. Eine Vier-Tage-Woche ist für viele attraktiv, aber es gibt auch viele Menschen, die wollen eine Fünf-Tage-Woche. Deshalb müssen wir uns von dem Entweder-oder-Mindset lösen, um zu neuen Lösungen zu kommen. Wir brauchen das Sowohl-als-auch. Betriebe können durchaus in Zeiten der Vereinsamung zu Begegnungsstätten werden und mit Communityfaktoren punkten.
Das klassische Bewerbungsgespräch ist out?
Zumindest, wenn ich junge Menschen für meinen Betrieb begeistern will. Wir leben in einer Experience Economy, alles muss ein Erlebnis sein. Bei Kunden geht es nicht mehr um die reine Dienstleistung, sondern um ein Dienstleistungspaket, das positive Emotion schafft. Bei Bewerbern geht es um die Kandidatenreise, die ein Wow auslöst.
Wir brauchen neue Jobprofile und positive Emotionen – bereits bei der Bewerbung.
Steffi Burkhart
Autorin und VortragendeDas bedeutet?
Das Bewerbungsgespräch sollte als Experience gestaltet sein. Die Konkurrenz schläft nicht. Es ist ein Kampf um Talente. Tun Sie Gutes und reden Sie darüber. Seien Sie proaktiv auf Social Media. Betriebe müssen sich außerdem beim Onboarding ins Zeug legen, damit die jungen Menschen überhaupt zum ersten Arbeitstag kommen. Wir erleben eine hohe Wechselbereitschaft. Eine neue Trennungskultur ist gefragt.
Was gehört noch dazu?
Früher war es erstrebenswert, eine Lehre als Bankkaufmann zu machen. Aber allein das Wort ist für junge Menschen unattraktiv. Überlegen Sie sich moderne Stellenbezeichnungen, entwickeln Sie neue Jobprofile. So wird im Autohaus ein Verkäufer auf der Fläche zum Produktexperten, der Kunden berät. Damit können sich die Menschen viel besser identifizieren als mit antiquierten Berufsbezeichnungen.
Abteilungsleitung war gestern, Funktionen ändern sich?
Wir müssen zwischen Management, Leadership und Fachexpertise unterscheiden. Es gibt Menschen mit Fachexpertise, die aber kein Team führen möchten. Daher überlegen Sie: Wie ticken Sie selbst? Wo ist Ihre Leidenschaft? Mitarbeiter zu führen, kann auch ermüdend sein, dann ist man vielleicht nicht für Leadership geeignet. Gerade in kleinen Teams ist es wichtig, darauf zu achten.
Welche Schwächen haben junge Generationen?
Eine ist die Mental Health Crisis. Viele junge Menschen haben Angstzustände, Durchschlafprobleme, Depressionen und erleben innere Unzufriedenheit. Die mentale Resilienz ist damit nicht so gut aufgestellt wie bei vorherigen Generationen. Hier müssen Arbeitgeber investieren, um ein mental fittes und gesundes Team zu haben. Ältere Mitarbeiter können zum Beispiel als Mentoren fungieren, sie haben schon viele Krisen gemeistert und können den Jungen zur Seite stehen.
- Steffi Burkhart, geboren 1985, lebt in Köln und ist ehemalige Hochleistungssportlerin. Sie studierte Sportwissenschaften und promovierte in Gesundheitspsychologie.
- Nach einigen Jahren Berufserfahrung machte sich Burkhart 2014 als Speakerin und Managementberaterin selbstständig.
- Generationenmanagement und neue Arbeitswelten gehören zu ihrer Expertise. Darüber sprach sie unter anderem beim plannING-Day in Velden.
- Im Gabal Verlag veröffentlichte sie das Buch „Die spinnen, die Jungen! Eine Gebrauchsanweisung für die Generation Y“.
- In ihrer Freizeit trifft sie Freunde, reist, macht Sport oder zappt durch Netflix.