„Wir kommen um Selbstreflexion nicht herum“
Nicole Staudinger erklärt im Interview, wie man schwierige Themen anspricht.
Wer die Regeln der guten Kommunikation kennt, kann auch schwierige Themen ansprechen, ohne davor Angst zu haben, ist Schlagfertigkeitsexpertin Nicole Staudinger überzeugt. Die eigene Haltung zu hinterfragen, ist ein Teil davon.
„Kärntner Wirtschaft“: Egal, ob im beruflichen oder privaten Umfeld: Unangenehme Gespräche kann man nicht ewig vor sich herschieben. Woran liegt es, dass schwierige Themen so ungern angesprochen werden?
Nicole Staudinger: Ich denke, das liegt daran, dass vielen das Wie fehlt. An Problemen mangelt es nicht, aber häufig wissen die Leute nicht, wie sie sie ansprechen sollen. Wenn man dann etwas mit den Worten „das war dein Fehler“ anspricht, reagieren ja die wenigsten gelassen, weil sie sich auf die Füße getreten fühlen. Schwierig wird es auch, wenn sich schon viel aufgestaut hat und die Emotionen etwa mit Worten wie „du hast schon immer …“ und „damals 1986 …“ hinzukommen.
Wenn es aber doch sein muss, dass man ein unangenehmes Thema anspricht: Was sollte man beachten?
Grundsätzlich gibt es sieben Grundlagen für gelungene Kommunikation, aber zwei davon haben mich selbst überrascht. Zum einen das Menschenbild. Ich muss mich fragen: Welches Menschenbild habe ich denn vom Gegenüber? Wenn das nicht stimmt, kann ich es geraderücken, damit ich unvorbelastet ins Gespräch gehen kann. Zum anderen muss ich ein Ziel haben und mich fragen: Was will ich denn eigentlich mit dem Gespräch bewirken?
Welche anderen fünf Grundlagen braucht es noch?
Dass Vertrauen da ist, man vom hohen Ross heruntersteigt, aufrichtig zuhört, die richtige Atmosphäre schafft und den richtigen Tonfall hat. Wie bei vielen anderen Themen kommen wir auch hier um die Selbstreflexion nicht herum. Denn schließlich ist die Kommunikation ja dazu da, einen gemeinsamen Weg zu finden.
Schlagfertigkeit hilft, in das Gespräch einzusteigen, aber bei Konflikten kommt sie an die Grenzen.
Nicole Staudinger
AutorinWelche Rolle spielt dabei die Schlagfertigkeit?
Ein Beispiel: Sie halten eine Präsentation vor der gesamten Belegschaft und von einer Kollegin hören sie: „Naja, das Rad hast du damit auch nicht neu erfunden.“ Dann haben Sie drei Sekunden Zeit für eine schlagfertige Antwort. Wenn die nicht kommt, fällt man sprachlich zurück und unter Umständen ist der ganze Tag deswegen im Eimer. Kommt aber jedes Mal von dieser Kollegin so ein Spruch, muss man das offen ansprechen, weil es dann offensichtlich einen Konflikt gibt, den Schlagfertigkeit alleine nicht lösen kann. Mit guter Kommunikation holt man das Thema unter dem Teppich hervor, um nicht selbst immer vorbelastet in bestimmte Situationen zu gehen, weil man den nächsten Spruch schon erwartet.
Wie geht man am besten in so ein Gespräch?
Wenn man ein Gespräch planen kann, sollte man auf ein paar Dinge achten, zum Beispiel auf die richtige Atmosphäre. Eheprobleme wird man wohl nicht in einem lauten Bierlokal besprechen, auch muss man ein wichtiges Gespräch nicht an einem Tisch führen, an dem man gezwungen ist, einander in die Augen zu schauen, sondern etwa bei einem Spaziergang. Man sollte sich auch immer klar darüber werden, was man will, um das auch ansprechen zu können, etwa mit „ich wünsche mir, dass wir ein besseres Verhältnis haben“.
Was, wenn das Gegenüber nicht auf den Gesprächsversuch eingeht?
Das passiert, wenn das Vertrauen fehlt und sich das Gegenüber nicht öffnen will. Dann kann man sagen „schade, ich hätte mir mehr erwartet“ und so den Ball zum Gegenüber spielen. Für einen selbst sollte die Sache damit vom Tisch sein. Aber natürlich kommt die Kommikation auch immer wieder an ihre Grenzen. Wenn die Vorstellungen zweier Personen nicht miteinander vereinbar sind, verlangt das Konsequenzen, die meist in einem harten Schnitt münden, etwa in einer Scheidung oder einem Jobwechsel.
- Nicole Staudinger aus Köln ist Bestsellerautorin, Unternehmerin und Moderatorin. Den Grundstein legte sie 2014 mit Schlagfertigkeitsseminaren für Frauen.
- Während der Unternehmensgründung erkrankte sie an Brustkrebs.
- Über ihren Kampf gegen den Krebs schrieb sie ihr erstes Buch „Brüste umständehalber abzugeben“.
- Seitdem beschäftigt sie sich als Trainerin intensiv mit Resilienz und bereitet Frauen in Führungspositionen auf den Umgang mit Krisen vor.