
„Mitarbeiter wollen Helden als Chefs“
Barbara Liebermeister ist überzeugt, dass Führungskräfte von Influencern lernen können.
Managementberaterin Barbara Liebermeister ist Expertin für Führungskultur im digitalen Zeitalter. Sie ist überzeugt, dass Führungskräfte von Influencern lernen können und auch sollten.
„Kärntner Wirtschaft“: Wie definieren Sie denn den Begriff „Influencer“?
Barbara Liebermeister: Influencer sind präsent, sie inszenieren ihre Auftritte, interagieren mit den Menschen, die ihnen folgen, ihren Followern, auf Augenhöhe, sie reagieren gelassen und sie gehen neue Wege. Influencer haben oft nicht das beste Image, weil es – wie in jedem Bereich – Menschen gibt, die vieles überzeichnen. Ein Influencer ist aber nicht zwingend jemand, der auf Social-Media-Plattformen Werbung macht. Jeder Mensch ist ein Influencer, weil jedes Gespräch das Verhalten des anderen beeinflusst. Paul Watzlawick sagte: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Ich sage: Man kann nicht nicht beeinflussen.
Ihre These lautet „In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“. Wie meinen Sie das?
Für Influencer gibt es eine Währung, nämlich die Menge und das Engagement ihrer Follower. Daraus hat sich wirtschaftlich gesehen ein Milliardenmarkt entwickelt. Häufig sind Influencer Idole, die Einblicke in ihr Privatleben geben und sich nahbar präsentieren. Wenn sie es gut machen, auf Augenhöhe und wertschätzend kommunizieren, werden sie zu einer vertrauensvollen Marke, das ist das, was die Follower wollen. Aber auch Mitarbeiter wollen das – sie wollen Helden als Chefs.
Sehen Sie Influencer als Vorbilder für Führungskräfte?
Pauschalisierungen sind immer schwierig. Ich würde sie nicht zwingend als Vorbild bezeichnen. Wenn aber Influencer Millionen von Menschen hinter sich versammeln, sollte man sich doch ansehen, wie sie das machen. Ich will keine Standardisierung, sondern eine individuelle Betrachtungsweise anregen. Influencer stellen ihre Follower in den Mittelpunkt ihrer Interaktion, das sollten Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern machen.
Influencer stellen ihre Follower in den Mittelpunkt – das sollten auch Führungskräfte machen.
Barbara Liebermeister
ManagementberaterinWelche Auswirkungen hat diese Art der Führungskultur?
Das wirkt sich klar auf die Motivation aus – die Menschen haben mehr Lust zu arbeiten. Dadurch entsteht mehr Kreativität, es ist mehr Platz da für neue Ideen. Man ist offen für Neuerungen, das kann zum Beispiel ein Anfang für eine neue Fehlerkultur sein, in der man die Perspektive auf Fehler ändert und schaut, wie man etwas Gutes daraus machen kann und dadurch den Mitarbeitern auch ein wenig die Angst vor Fehlern nimmt.
Wie kann man sein Führungsverhalten ändern?
Dafür braucht es klare, transparente Kommunikation. Man kann die Absicht einleiten mit einer Veranstaltung oder auch im Gespräch, in dem man erklärt, dass man im Zeitalter des digitalen Wandels auch als Menschen neue Wege gehen muss. Man soll die Mitarbeiter durchaus überraschen, darf sie aber nicht irritieren. Wichtig ist, dass man der Ansage immer Taten folgen lässt, um glaubwürdig zu sein. Es muss aber auch klar sein, dass so eine Veränderung nicht von heute auf morgen passiert.
Welchen Zeitrahmen sollte man dafür einplanen?
Das ist sehr individuell und muss man sich im Einzelfall ansehen. Wird bei einem Großunternehmen der Führungsstil umgestellt, kann man von mindestens fünf Jahren ausgehen – je eingefahrener die Verhaltensweisen, desto länger. Hier sind auch Experten erforderlich, die den Prozess begleiten. Bei einem Klein- und Mittelbetrieb muss man natürlich nicht so viel Zeit einplanen, da kann das schneller gehen.
Welche Eigenschaften brauchen zukunftssichere Führungskräfte?
Am Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter haben wir in einer Metastudie über 80 Kompetenzen identifiziert. Die Top-3-Kompetenzen sind Kommunikationsfähigkeit, Veränderungsfähigkeit sowie Wertschätzung/ Mitarbeiterorientierung.
- Barbara Liebermeister ist Managementberaterin, Buchautorin und Rednerin aus Frankfurt am Main.
- Sie begann ihre berufliche Karriere im Marketing internationaler Konzerne, unter anderem war sie für Christian Dior, L’Oréal und Hoechst tätig.
- Liebermeister ist Gründerin und Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter.
- Darüber hinaus doziert sie an mehreren Hochschulen.
- Ihre Themen sind Leadership, (Selbst-)Führung und Beziehungsmanagement im digitalen Zeitalter.